Der Adjektiv-Dreiklang-Fehler
Henri-Nannen-Preisträgerin Heike Faller schreibt diese Ausgabe!
Hi und herzlich willkommen zu TextHacks! Bevor es losgeht, gibt es einen Rabatt von mir: Heute in einer Woche findet die nächste TextHacks-Zeilen-Masterclass statt. Und ich habe zwei Tickets freigeschaltet für alle, die sich den Preis nicht leisten können:
2 Tickets zum halben Preis für die Masterclass gibt’s hier (zum Original-Preis geht’s hier entlang, für Gruppenrabatte einfach auf diese Mail antworten)
die letzten 5 Tickets für den Intensivworkshop sind hier hinterlegt
Und jetzt ab zur heutigen Folge, über die ich NICHT schreiben werde, dass sie nerdy, wichtig und richtig gut geworden ist. Warum, das erklärt euch heute Heike Faller.
Warum ihr 3 Adjektive hintereinander vermeiden solltet
Und ich fühle mich wirklich geehrt, denn sie hat einfach diesen Newsletter ewig abonniert, obwohl sie Henri-Nannen-Preisträgerin ist (die höchste Auszeichnung im Journalismus). Sie arbeitet als Autorin beim Zeit Magazin und berät immer wieder Menschen, wie sie gute Texte schreiben. (Ihr könnt euch übrigens hier bei ihr melden)
Jetzt schreibt sie eine eigene Folge: und zwar zum Thema Adjektive. Und dem Dreiklang, den sie nicht leiden kann, aber lest selber…
Vor Jahren hab’ ich mal ein Buch mit einem Wissenschaftler gemacht ... zu machen versucht. Spoiler: Wir haben uns dann zerstritten. Eines der Dinge, auf die er beharrte, die ich ihm aber unbedingt ausreden wollte, waren Dreiklänge. Dreiklänge sind Schattierungen derselben Sache, man findet sie zum Beispiel in Politikerreden ("Ohne das Geschehene verdrängen, vergessen oder verharmlosen zu wollen…") oder auf LinkedIn ("I’m humbled, proud and super-excited”). Das Argument: Die Differenzierung sei wichtig, "proud" sei eben etwas anderes als "excited". Das Problem aus Leserinnensicht: Wir nehmen diese Schattierungen nicht wahr. Wir lesen nicht, ach schau her, der Florian nicht nur stolz, sondern auch super-aufgeregt, dass er jetzt diese neue Aufgabe bekommen hat. Stattdessen tauchen wir ein in eine Adjektivwolke, die uns sofort das Gehirn vernebelt. Deshalb: Entscheidet euch für ein Wort.
Hier sind nicht drei sondern zwei Hacks für einen starken Einklang:
Wenn ihr drei Adjektive habt, die ungefähr dasselbe sagen, nehmt das merkwürdigste der drei Adjektive. "Ich bin glücklich über den Preis" macht nicht aufmerksam. "Ich bin überrascht über den Preis" lässt aufhorchen.
Never ever stellt ein "sehr" oder "zutiefst" vor das Adjektiv eures Vertrauens. Es macht das Adjektiv nicht stärker, sondern schwächer. "Die Außenministerin ist zutiefst traurig über das Leid der Betroffenen" signalisiert nicht Gefühlstiefe, sondern schreiberische Konvention. Und Konventionen lassen die Leserinnen unaufmerksam werden – weil wir sie schon kennen. Und alles, was wir schon kennen, lässt unser Gehirn abschalten. Alles, was neu und unerwartet ist, macht uns wach. "Die Außenministerin ist traurig" wirkt zunächst schwächer, ist aber in seiner Schlichtheit stärker, weil es ungewohnt schlicht ist. Es ist nur ein Detail – aber gute Texte bestehen aus solchen Details.
Vielen Dank, Heike! Kommentiert gerne, ob ihr öfters so tief und nerdy eintauchen wollt, vielleicht können wir Heike überzeugen, weitere Folgen zu schreiben.
Liebe Grüße, Anne-Kathrin
Ebenfalls pro nerdige Nischen-Themen!
Toll! Durch die zusätzliche Erklärung bleibt der Hack s̵e̵h̵r̵ ̵v̵i̵e̵l̵ besser im Gedächtnis ;-)