Die Demokratie-Hacks-Folge mit Franzi von Kempis
Plus: 7 Newsletter-Hacks von unserem re:publica-Panel
Hi und herzlich willkommen zu TextHacks! Vergangene Woche durfte ich auf der re:publica zu meinem Lieblingsthema sprechen: Newsletter. Hier findet ihr die Aufzeichnung:
Und für alle, die lieber lesen: Victoria hat unser Panel für ihren Blog zusammengefasst. Hier findet ihr 7-Newsletter-Tipps aus der Praxis.
In der heutigen Folge geht’s kurz vor der Europawahl um ein großes Thema: Demokratie in Unternehmen. Wie formuliere ich einen Wahlaufruf? Wie thematisiere ich aktuelle Themen wie das Sylt-Video? Dafür kehrt Franzi von Kempis zurück. Ihre letzte Folge “Anti-Hass-Strategie für Social Media” wurde super oft von euch geteilt.
Franzi ist Kommunikationsberaterin und Autorin von “Anleitung zum Widerspruch: Klare Antworten auf populistische Parolen, Vorurteile und Verschwörungstheorien”, sie schreibt den wöchentlichen Newsletter “Adé AfD”, in dem sie über Rechtsextremismus aufklärt und konkrete Handlungsmaßnahmen gegen Spaltung vorstellt.
Ich übergebe an Franzi:
3 Demokratie-Hacks
2024 wollen immer mehr Unternehmen klar Position beziehen und sich aktiv für demokratische Werte einsetzen.
Möchtest du als Kommunikatorin, Mitarbeiterin oder Teamlead genau dieses Engagement in deinem Unternehmen oder deiner Organisation vorschlagen - und umsetzen?
1. Tipp : Einen Wahlaufruf starten.
Am 9.6. ist Europawahl, und viele Unternehmen rufen zur Teilnahme auf. Dabei gibt es unterschiedliche Ansichten: Viele große Firmen machen Wahlaufrufe, während andere dies ablehnen. DM zum Beispiel ermutigt Mitarbeitende, selbst Wahlhelfer_innen zu werden, und Evonik informiert auf dem Startbildschirm über die Unternehmenseigene Europawahl-Kampagne. Andere Unternehmen sagen: "Das ist uns zu politisch."
Wie konterst du Mitarbeitenden (zum Beispiel im Intranet), wenn jemand sagt, ein Wahlaufruf sei zu politisch?
Eine politische Positionierung ist nicht dasselbe wie eine parteipolitische. Genauso bedeutet ein Wahlaufruf nicht, für die Wahl einer bestimmten Partei aufzurufen. Was wir machen: Wir informieren unsere Belegschaft neutral, wir geben eine Geht-zur-Wahl-Empfehlung mit. Damit jede_r Mitarbeitende informiert entscheiden kann, ob er oder sie zur Wahl geht.
👍 3 Do’s für deinen Wahlaufruf:
Bleib neutral und informativ: Nutze sachliche Sprache, um zum Beispiel die Bedeutung der Europawahlen oder Zusammenhänge für die eigene Branche erklären. Zum Beispiel: "Die Europawahlen sind wichtig für die Zukunft Europas."
Lade alle ein: Nutze inklusive Sprache und denke daran, alle möglichen Wähler:innen in der Belegschaft anzusprechen. Zum Beispiel: "Wir laden alle unsere Mitarbeitenden ein, ihre demokratischen Rechte auszuüben und an den Europawahlen teilzunehmen."
Ressourcen bereitstellen: Biete Links zu offiziellen Wahlseiten und/oder Wahllokalfinder an. Ergänze Ideen und Hinweise zur Wahlvorbereitung (zum Beispiel Wahl-O-Maten)
👎 3 Dont’s für deinen Wahlaufruf:
Pass auf mit “parteipolitischer” Sprache: Vermeide Begriffe oder Phrasen, die mit bestimmten Parteien oder politischen Positionen assoziiert werden könnten.
Polarisierende Rhetorik vermeiden: Sprache spaltet oder kann Konflikte fördern - pauschales Vergangenheitsbashing zum Beispiel.
Keine parteipolitischen Symbole: Verwende keine parteibezogenen Symbole oder Slogans, die man mit bestimmten Parteien verbinden könnte.
Was kannst du diese Woche noch tun? Nutze deine Social-Media-Profilbilder für den Wahlaufruf. Unternehmensprofile und persönliche Profile, wie auf LinkedIn, können mit #VoteEU angepasst werden. Die Kommunikationsabteilung könnte hier vorangehen und Führungskräfte und andere Multiplikatoren einbeziehen.
3. Tagesaktuelle Ereignisse im Team ansprechen
Wie viele von euch haben das Sylt-Video direkt im Team angesprochen? Habt ihr nachgefragt, wie es Betroffenen geht oder intern Position bezogen, z.B. auf Slack oder Teams?
Hier bekommst du eine Anleitung, wie ein Leitfaden aussehen kann:
Orientiere dich an den Werteleitlinien des eigenen Unternehmens (was gibt es schon, worauf du dich berufen kannst?)
Sprich betroffene Personen persönlich an, wie es ihnen geht.
Beziehe das Team ein: Wie wollen deine Mitarbeitenden über solche Themen sprechen?
Schaffe geeignete Zeiten und Orte für solche Gespräche. Kläre, dass oder ob nicht alle teilnehmen müssen und ordne ein, dass der Arbeitsalltag nicht beeinträchtigt wird.
Mach dir bewusst: Wer Meinungen einfordert, muss sie aushalten, wenn sie nicht das sind, was man hören möchte.
Klare Bedingungen: Sorge dafür, dass niemand sich diskriminiert fühlt und alle sich in solchen Gesprächen sicher fühlen können.
So kannst du solche Bedingungen für dein Team einleiten:
Vermeidet persönliche Angriffe:
Zum Beispiel: „Vermeidet es, Aussagen zu machen, die auf die Persönlichkeit oder den Charakter eines Kollegen abzielen.“
Vermeidet Verallgemeinerungen und Stereotypen:
Zum Beispiel: „Bitte verwendet keine Verallgemeinerungen über Gruppen von Menschen, die auf Stereotypen basieren und achtet darauf, dass ihr keine menschenfeindlichen Aussagen nutzt. Lasst uns uns alle bewusst machen, dass oft unbewusste Kommentare oder Handlungen verletzend und diskriminierend sein können.“
Aufpassen mit zu hitzigen Diskussionen.
Zum Beispiel: „Wenn die Diskussion zu emotional wird, lasst uns erstmal eine kurze Pause machen, und dann wieder sachlich in das Gespräch starten.
Kläre bestimmte Themen im Zweiergespräch, wenn nötig (gerade wenn manche Teammitglieder wenig sagen, nur bestimmte Leute immer reden, laut werden, aneinandergeraten kann das notwendig werden)
Überlege, wie Führungskräfte und Teams besser unterstützt werden können, z.B. durch Workshops oder Weiterbildungen.
3. Nicht alles neu erfinden
Was gibt es schon?
Auf welche Tools, Informationen, Werkzeugkästen kann ich zurückgreifen? Wendet euch an HR, an eure DEI- und Gleichstellungsbeauftragten, an interne Netzwerke oder den Betriebsrat und tauscht euch aus, wie man sich bei euch für Vielfalt und Demokratie bereits engagiert.
Für bestimmte Themen lohnt es sich, externe Expert_innen dazuzuholen.
Die wirklichen Good News: Man muss nicht alles alleine machen.
Der Charta der Vielfalt hat einen Praxisleitfaden zu Demokratie und Vielfalt am Arbeitsplatz herausgebracht - von Mitarbeiterin zu CEO-Level.
Der paritätische Wohlfahrtsverband hilft mit einem Leitfaden für den Umgang mit rechtsextremen Mitarbeitenden.
Und beim Business Council für democracy kann man kostenlose Schulungen für Demokratiebildung in der eigenen Organisation buchen.
Vielen Dank, liebe Franzi! Ich habe diese Woche meine Briefwahl-Unterlagen eingeworfen (vergesst eure Unterschrift nicht!!). Und für alle, die jetzt Lust haben, einen eigenen Newsletter zu starten: Bald gibt’s Hacks für Anfänger*innen. Was hält euch bisher ab?
Liebe Grüße, Anne-Kathrin