Die Süchtig-nach-Podcasts-Formel 🎧
Wie Cliffhanger für Audio funktionieren und weitere Storytelling-Hacks von Gregor Schmalzried
Hi und willkommen zu TextHacks! Im vergangenen Newsletter habe ich einen Fehler gemacht: Ich habe zu viel über Geld geschrieben. Jedenfalls kann ich mir nur so erklären, warum 800 Menschen den Newsletter nie erhalten haben. Ihr habt nix wichtiges verpasst, außer den Launch meines Paid-Programms und ein paar Hacks, die euch etwas reicher machen könnten.
Gute Nachricht: Auch diese Woche könnt ihr ein TextHacks-Upgrade-kaufen. Für 5 Euro monatlich seid ihr dabei, für 80 Euro jährlich bekommt ihr eine Zeile Werbung in TextHacks und falls ihr studiert oder im Volo seid oder Freelance wenig verdient: Schreibt mir eine Mail mit TextHacks-Rabatt für ein 25-Euro-Jahresabo.
So, Werbeblock Ende. Zurück zum Inhalt. Diese Woche mit dem Autor eines meiner Lieblingspodcasts: Lynn ist nicht allein. Falls ihr dieses Jahr mit Jogging-Runden anfangen wollt, dieser Podcast hilft, die Zeit rum zu bekommen. Heute verrät Gregor uns seine Podcast-Formel.
3 Hacks für dein Audio-Storytelling
Gregor Schmalzried schreibt im Newsletter cool genug über digitale Kultur und entwickelt und produziert Storytelling-Podcasts (aktuell das fiktionale Grusel-Abenteuer Mia Insomnia mit Julia Gruber und Bastian Pastewka).
Die erste Minute ist Überzeugungsarbeit.
Die gute Nachricht für Audio: Jemand, der einen Podcast startet, tut das mit mehr Intention als jemand, der ein TikTok laufen lässt. Wir haben es deswegen nicht ganz so eilig.
Trotzdem: Der Einstieg wird öfter gehört werden als jeder andere Part der Geschichte — und muss so gut wie möglich sein. Sonst ist das Publikum entweder mit dem Kopf woanders… oder wieder bei TikTok.
Am besten beantworten die ersten sechzig Sekunden einer Audio-Produktion direkt folgende Fragen:
Was ist der Vibe der Geschichte? (Produktion, Musik, Stimmung, Genre)
Wer ist der Protagonist/die Protagonistin der Geschichte? (Stimme, Tonfall, Persönlichkeit)
Was ist die offene Frage, wegen der ich weiterhören sollte? (Plot)
Sorry, alle Minuten danach sind auch Überzeugungsarbeit.
Alle erfolgreichen Audio-Storyteller, von Ira Glass bis Joe Rogan, folgen denselben Prinzipien: Sie präsentieren einerseits ständig neue Informationen, und gleichzeitig versprechen sie, dass weitere, noch neuere Informationen direkt hinter der nächsten Ecke lauern.
Dieses Spiel mit den Erwartungen, das Hin und Her mit der Aufmerksamkeit des Publikums, erzeugt im besten Fall das Gefühl eines permanenten Cliffhangers — man möchte permanent wissen, wie es weitergeht!
Stell dir vor, deine Hörerin sitzt im Bus, hört deine Geschichte, und wird sie ausmachen, sobald ihre Station da ist. Wie kriegst du sie dazu, freiwillig ihre Station zu verpassen und irgendwann bis zur Endstation zu fahren, einfach weil sie unbedingt wissen will, was als nächstes passiert?
Niemand merkt sich Zahlen. Jeder merkt sich Bilder.
Auch wenn es paradox klingt: Audio ist ein sehr visuelles Medium. Das Bild des unheimlichen, nebeldurchzogenen Friedhofs aus Die drei ??? und der Super-Papagei ist stärker in meinen Kopf eingebrannt als jede Filmszene aus meiner Kindheit… Weil Audio uns die Freiheit gibt, Bilder selbst zusammenzubauen.
Arbeite mit starken Bildern — aber ohne zu überladen. Zu viele Metaphern und Anekdoten machen orientierungslos.
Erwähne wichtige Dinge dreimal.
So sehr ich mir wünsche, dass mein Hörer nur im Bus sitzt und nichts tut als den Podcast zu hören — es ist wahrscheinlicher, dass er gerade Wäsche aufhängt oder Autos an einer Straße abwartet.
Wenn man einen Text liest und auf einmal nicht mehr mitkommt, kann man einfach wieder zurückspringen und etwas nochmal lesen. In Audio nicht.
Deswegen: Wenn etwas wirklich wichtig ist, sollte es dreimal genannt werden. Dein Hörer verzeiht dir, wenn du etwas wiederholst. Er verzeiht es nicht, wenn er dich nicht versteht.
Menschlichkeit schlägt Technik.
Wenn Autor und Podcaster Scott Galloway auf der Straße angesprochen wird, merkt er innerhalb von Sekunden, ob die Person seinen Newsletter liest oder seinen Podcast hört. Newsletterleserinnen, so sagt er, begegnen ihm intellektuell: Sie wollen über Inhalte sprechen und seine Analysen diskutieren. Aber Podcasthörer sprechen mit ihm, als seien sie seit Jahren befreundet. Auch wenn Scott Galloway sie noch nie gesehen hat.
Audio, und insbesondere Podcasts, sind ein intimes, persönliches und deshalb wunderschönes Medium.
Deshalb: Wenn du einen interessanten Menschen findest, der eine gute Geschichte zu erzählen hat… Dann wird oberflächliche Qualität zweitrangig. Wenn es sein muss, kannst du ihn auch hustend und schniefend durch ein knatterndes Telefon aufnehmen. Wenn er der richtige Mensch mit der richtigen Geschichte ist, werden wir trotzdem zuhören.
Vielen Dank, Gregor! Zum Abschluss noch ein Tipp von mir: Meine Kolleginnen Anna Scholz, Nora Burgard-Arp und Marlene Borchardt bieten im Februar den Workshop "Podcasten für Frauen*” an. Falls ihr also eine Idee habt, aber noch Starthilfe sucht für Formatentwicklung und Zielgruppenanalyse, meldet euch an!
Ansonsten wünsche ich euch eine schöne Woche, liebe Grüße, Anne-Kathrin 🎈