DREI, ZWEI, EIS – So textest du Slogans für Werbekampagnen
Wir verkaufen zusammen einen Kühlschrank
Hi und herzlich willkommen zu TextHacks! Meine Insta-Ads sagen mir: Ich soll Copywriterin werden, dann könne ich wie der junge Mann auf dem Bild auf Bali am Strand liegen und sofort sechsstellig im Jahr verdienen. Bekommt ihr das auch die ganze Zeit angezeigt? Gefühlt sind das Menschen, die selber gar nicht soooo lange Copywriting gemacht haben, sondern vor allem Geld damit verdienen, anderen zu sagen, dass sie das werden sollen.
Heute schauen wir uns ganz langweilig das Handwerk an statt Bali-reich-werden-Hacks. Unsere heutige Gastautorin Tabea Ernst hat als Online-Redakteurin bei GALA fünf Jahre lang für klick-starke Überschriften. Seit drei Jahren nutzt sie ihr Gespür für Headlines und konzipiert als selbstständige Copywriterin Kampagnen für unterschiedliche Lifestyle-Brands. Dabei denkt sie cross-medial und schreibt vom Slogan bis zur Social Media Caption. Ich übergebe an Tabea:
Wetten, dass sich dieses Campaign Copywriting gut verkauft?
Wenn ich eine Kampagne texte, stelle ich mir eine Brücke vor, die ich zwischen Produkt und Kund:in baue. Auf der einen Seite des Ufers steht zum Beispiel ein Kühlschrank, auf der anderen Marko.
Was erzähle ich Marko über den Kühlschrank, dass er so neugierig wird, tatsächlich über die Brücke zu gehen und im besten Fall schon auf halbem Weg das Portemonnaie zu zücken?
Dafür muss ich zwei Dinge kennen: Marko. Und den Kühlschrank.
Was mich zu den zwei Grundlagen des Kampagnen-Copywritings bringt:
#1 Zielgruppe verstehen
Bevor ich das erste Wort schreibe, recherchiere ich, wer meine Kund:innen sind. Was sind ihre Wünsche, Ziele und Probleme?
#2 USP des Produkts herausstellen
Marko hat einen Kühlschrank. Aber er hat einen Pain Point: ihm fehlt ein Eiswürfelspender. Und es geht auf den EM-Sommer zu, in dem er seine Coke am liebsten eiskalt trinkt. Wie gut, dass mein Kühlschrank einen integrierten Eiswürfelspender hat, der schneller als anderen ist, und diesen ‚Schmerzpunkt‘ lindern kann.
In meiner Kampagne werde ich diesen Nutzen also unbedingt herausstellen. Im Marketing nennt man das die USP – den Unique Selling Point.
Wo und wie spreche ich meine Kund:innen an?
Ich weiß jetzt, dass Marko und mein Kühlschrank ein super Match sind. Nur Marko weiß das noch nicht. Er steht noch immer am Ufer und ärgert sich über seinen Kühlschrank ohne Eiswürfelspender.
Ich gucke mir Marko also nochmal an, um zu verstehen, wie ich potenzielle Kund:innen am besten abhole, um sie über meine Brücke zu begleiten:
# Die Touchpoints
Als erstes bringe ich in Erfahrung, wo ich Markos Aufmerksamkeit gewinnen kann. Guckt er in der Gegend herum? Dann weiß ich, dass große OOH-Kampagnen ihn erreichen. Scrollt er durch Instagram? Dann sollte ich auf Paid Social Ads setzen. Oder ist er gerade auf dem Weg in einen Elektro-Store, um vor Ort Geräte zu vergleichen? Dann sollte ich in Erwägung ziehen, dass meine Kampagne auch auf POS Inlays überzeugt.
Was gehört in meine ‚Kampagnen Toolbox‘?
Oft bin ich hier schon an dem Punkt, an dem mein Hirn viele Ideen zu Claims, CTAs und Social Media Captions ausspuckt.
Um aus diesem kreativen Chaos eine Kampagne zu machen, habe ich mir in den letzten Jahren angewöhnt, eine Art Toolbox zu erstellen – die viel mehr eine Lunchbox aus Bite, Snack, Meal ist:
# Der erste Bite – der Slogan
Ein prominenter Slogan ist das Erste, was potenzielle Kund:innen sehen und entscheidend, ob sie anbeißen oder nicht. Ich nenne das in meiner Lunchbox „Bite“ - ein erster Bissen, der Neugier weckt, leicht verdaulich ist und Lust auf mehr macht. Beim Slogan achte ich darauf, dass er klar und verständlich ist. Witzige Wortspiele, reine Reime und smarte Stilmittel können helfen, damit sich meine Worte eher einprägen. Doch Klarheit steht hier immer vor Cleverness.
Ein Slogan für unser Kühlschrank könnte sein:
DREI, ZWEI, EIS.
Wie ich auf den Bite komme? Ich stelle mir drei simple Fragen:
1 Um was geht es in meiner Kampagne?
2 Welche Eigenschaften möchte ich hervorheben?
3 Welchen (einzigartigen) Nutzen haben potenzielle Kund:innen von meinem Produkt/meiner Dienstleistung?
Mit diesen Fragen beginnt mein Brainstorming. Ich schreibe alle Worte auf, die mir einfallen. Das sind bei unserem Beispiel: Eis. Kalt. Schnell. Eiswürfel. Abkühlung. Mir hilft es sehr, diese Worte tatsächlich zu sehen. So kann ich sie in Wortwolken clustern, sie miteinander verbinden, oder ergänzen. Zu ‚Schnell‘ schreibe ich dann Countdown. Blitzschnell. Blitzeis. 3, 2, 1. Drei, Zwei, Eins.
In diesem Moment sehe ich auf meinem Blatt Papier die Ähnlichkeit zu ‚Eis‘. Et Voilà, ich habe meinen Bite.
# Der Snack – das Produktnutzen
Mein Kund:innen haben angebissen. Ich serviere ihnen als nächstes eine snackable Produktbeschreibung, bei der ich zwei Regeln befolge:
Nutzen statt Feature nennen.
Aktive Sprache verwenden.
Statt also zu schreiben ‚Der Kühlschrank produziert in nur 3 Sekunden Eiswürfel‘, schreibe ich ‚Erfrische Dich in nur 3 Sekunden. Hol‘ Dir die Eiswürfel direkt ins Glas.‘
# Das Meal – das Storytelling
Snacks, dass wissen wir alle, regen den Appetit eher an, als dass sie ihn stillen. Unser Meal ist die Geschichte, mit der wir unser Produkt greifbarer machen. Sie holt Marko und andere Kund:innen auf emotionaler Ebene ab und zeigt ihnen, wo in ihrem Alltag unser Produkt ihr Leben positiv verändert. Das Meal sind zum Beispiel ein Voice Over für Video-Content oder Social Media Captions.
Unter einem Instagram Post, der Freund:innen auf dem Sofa zeigt, die Gläser in der Hand haben und ein EM Spiel zusammen gucken, könnte zum Beispiel stehen:
„Schnelles Cool Down in der Halbzeit. Hol‘ Dir die Eiswürfel direkt ins Glas.“
Und hier schließt sich dann der Kreis – beziehungsweise ist die Brücke fertig gebaut. Marko sitzt mit seinem Meal und eiskaltem Drink in seiner Wohnung auf der anderen Seite des Ufers.
Danke, Tabea! Und weil ich weiß, dass hier viele Copywriter*innen mitlesen, was sind eure Hacks?
Ich wünsche euch einen schönen Montag, diese Woche hören wir uns gleich zwei Mal: Am Mittwoch folgt die erste TextHacks English Edition, stay tuned, oder so, liebe Grüße, Anne-Kathrin
Ich bin eher der abstrakte Denker. Wahnsinnig kreativ finde ich mich nicht. Hat jemand Tipps, wie ich mein Copywriting trotzdem verbessern kann? Vielen Dank in die Runde.