Hass und Hetze auf eurer Seite? Das könnt ihr antworten
Plus: 3 KI-Hacks, um Ideen zu generieren. Und die Frage: Bin ich selbstverliebt?
Hi und willkommen zu TextHacks! Vergangene Woche schrieb mir jemand, ob Morgen Morgen eigentlich die beste Uhrzeit für einen Newsletter sei. Faire Frage, meine Daten zeigen aber: Es spielt keine Rolle. Auf meine Nachfrage, welcher Tag und welche Zeit besser seien, antwortete er unter anderem: “Wer hat montags Zeit für so viele Worte. Fragen Sie sich bitte, ob da nicht ein bisschen Selbstverliebtheit im Spiel ist!??”. Warum sich jemand bei einem kostenlosen Newsletter, den man einfach abbestellen kann, so aufregen kann, ist mir ein Rätsel. Wer über politischere Themen schreibt als ich, bekommt viel schlimmere Mails und Social-Media-Kommentare, und zwar täglich. Aber was darauf antworten? Das erfahrt ihr im zweiten Teil dieses Newsletters. Im ersten Teil starten wir, alle ganz selbstverliebt in unsere Ideen, mit KI-Inspiration.
3 Hacks, um mit KI Ideen zu generieren
Dieses Tool macht euch Überschriftenvorschläge und sogar erste Textvorschläge. Ihr gebt ein Ober-Thema ein, zum Beispiel “Sommer” oder “Newsletter” und bekommt in der kostenloses Version zehn Themenvorschläge pro Tag, die ihr mit Notizen versehen könnt. https://typeshare.co/library (Englisch)
Frage die KI nach allgemeinen Themenideen für deine Stadt, dein Thema, deine Nische. Und zwar in Listicle-Form, damit erhältst du automatisch mal neue Ideen und Anstöße. Gebe der KI dafür die passende Rolle (mehr dazu hier)
Gute Themenideen sind immer: die Probleme anderer Leute. Definiere deine Zielgruppe und frage nach deren Problemen. Sei dabei so spezifisch wie möglich.
Anzeige
Werde jetzt Teil des kostenlosen MEDIA INNOVATION PROGRAM!
Du willst ein innovatives Medienprojekt verwirklichen? Du möchtest KI oder immersive Technologien dabei mitdenken und einen Prototypen bauen oder ein bestehendes Produkt weiterentwickeln? Dann bewirb Dich allein oder zu zweit bis zum 15. August 2023.
Und nun zu Hass und Hetze. Eva Horn arbeitet als Projektleiterin Communitymanagement beim RBB. Hier kommen ihre Hacks:
Geht konsequent gegen Hass, Hetze und Fake News in euren Kommentarspalten vor
Es ist mühsam, es kostet Zeit und es kostet Ressourcen: Aber bedenkt, dass viele Menschen Kommentare in den sozialen Netzwerken zwar überfliegen, aber nicht selbst kommentieren. Und für genau diese stemmt ihr euch gegen Hass und Hetze: Geht ihr nicht konsequent vor, schadet ihr euch schlimmstenfalls selbst, denn: Wer liest schon gerne irgendwo mit, wo der Ton unterirdisch ist und es vor Fake News wimmelt?
Bleibt bei der Formulierung eurer Gegenrede unbedingt sachlich – denn ihr setzt den Ton für die Debatte. Kommentiert also etwas wie „Lieber Nutzer:innen, Rassismus hat auf unserer Seite keinen Platz. Äußerungen, die gegen unsere Netiquette verstoßen, werden von uns gelöscht. Vielen Dank an alle, die sachlich kommentieren.“
Stärkt und belohnt konstruktive Kommentare
Viele Communityteams neigen dazu, sich in ihrer Arbeit ausschließlich auf das Identifizieren von Hasskommentaren zu konzentrieren. Das bindet nicht nur Zeit und Ressourcen, sorgt im Team für schlechte Stimmung – es setzt auch die falschen Prioritäten. Versuche lieber, konstruktive Kommentare (auch konstruktive Kritik, denn ihr wollt ja Kritik hören, sie soll halt nur konstruktiv sein und ohne Beleidigungen vorgetragen werden) zu liken oder zu kommentieren. Es macht auch mehr Spaß, positive Rückmeldungen zu lesen und mit Menschen, die eurer Arbeit grundsätzlich wohlgesonnen gegenüberstehen, in einen Dialog zu gehen.
Anstatt konstruktive Kritik zu ignorieren, schreibt also lieber so etwas wie „Vielen Dank für deinen Hinweis zu Thema X. Du hast Recht, uns ist an dieser Stelle ein Fehler unterlaufen, den wir nun korrigiert haben. Wir freuen uns, wenn du weiterhin so aufmerksam mitliest.“
Nehmt berechtigte Kritik ernst
Wir neigen dazu, Kritik erstmal als lästig wahrzunehmen oder als Majestätsbeleidigung abzutun. Dabei erfüllen Kritik und Feedback eine wichtige Funktion. Ihr solltet den Nutzer:innen unbedingt zuhören, viele sind Expert:innen auf ihren Gebiet. Bevor ihr Kritik abtut oder gar löscht, fragt euch selbstkritisch, ob ihr nicht vielleicht wirklich etwas falsch gemacht habt. Falls ja: eine ernstgemeinte Entschuldigung hilft in den meisten Fällen In dieser TextHacks-Folge mit Veronique Schönleben könnt ihr nachlesen, wie ihr euch bei Fehlern am besten verhaltet.
Keine Angst vor dem Rechtsweg – und auch nicht vor KI
Ja, die Meldewege in Deutschland sind kompliziert, die Staatsanwaltschaften überlastet - aber es gibt sie. Deswegen (besonders, wenn ihr in einem Medienhaus mit Justiziariat arbeitet oder eine Rechtschutzversicherung habt oder auf eine Rechtsabteilung zugreifen könnt): Keine Angst vor dem Rechtsweg. Und wo wir gerade bei Angst sind: KI- oder automatisierungsgestützte Kommentarmoderationstools entlasten euch und eure Mitarbeitenden und helfen euch, den Überblick über eure Kommentare zu behalten. Überlegt, ob ihr das Geld nicht investieren wollt.
Investiert Ressourcen ins Community Management
Community Management ist eine wichtige redaktionelle Aufgabe. Bitte überlasst sie nicht unterbezahlten und unterbesetzten Teams, sondern integriert sie auf Augenhöhe in euren Redaktionen. Gebt den Leuten die Wertschätzung für ihre anstrengende Arbeit (und bezahlt sie ordentlich). Es wird sich lohnen, denn mit guten, nicht komplett überarbeiteten Communitymanager:innen könnt ihr es wagen, die König:innen-Disziplin des Communitymanagements anzugehen, nämlich:
Baut eine konstruktive Community auf
Lasst eure Nutzer:innen von Anfang an an eurer Arbeit teilhaben, fragt nach Feedback, geht darauf ein, fragt nach Anregungen, geht konsequent gegen Hass und Hetze vor – und dann habt ihr hoffentlich irgendwann eine Community, die sich in den Kommentaren austauscht, selbstständig auf die Netiquette verweist und die euch mit Themen und Anregungen versorgt – und so für euer Produkt, euer Format oder eure Seite einen echten Mehrwert darstellt. Vielleicht werdet ihr so nicht die größte Reichweite generieren, aber ihr habt etwas viel Wertvolleres: Loyale Nutzer:innen, die ihr durch gute Arbeit an euch gebunden habt.
Mein Lieblingsbeispiel für konstruktive Communities ist das rbb TikTok-Format „safespace“. Es richtet sich an 14- bis 16-jährige Nutzer:innen und informiert rund um die Themen Körper, Periode und Sex. Hier wurde die Community von Anfang an mitgedacht und das Community Management hoch priorisiert. Die positive Folge: Kaum Hate Speech, dafür echter Austausch.
Vielen Dank, liebe Eva. Ich hoffe, ihr verzeiht mir diese Mail am Montagmorgen. Und seid nächste Woche dabei, da freue ich mich auf die Folge von Raúl Krauthausen zum Thema ableistische Sprachbilder. Liebe Grüße, Anne-Kathrin