Hi und willkommen zu Texthacks. Wir beginnen das Jahr mit einem kleinen Vorsatz: 2023 keine Floskeln benutzen. Floskeln sind Formulierungen, die bildhaft sein wollen, aber völlig abgenutzt sind. Sie werden erstens viel zu häufig gebraucht. Ergeben zweitens selten Sinn. Und waren drittens eh nie schöne Bilder.
(Wer gerne mit Floskeln einen Schönheitspreis gewinnt, kann gleich nach unten scrollen zu den Medientrends 2023 und einem Mini-Update zur Paid-Version.)
Beispiel 1: “Zur Kasse bitten”
🤔 Ob Griechenland dabei so schnell ist wie der Kassierer bei LIDL?
Beispiel 2: “den Rotstift ansetzen”
🤔 Kann jemand bitte Computer nach Mahlberg bringen?
Beispiel 3: “grünes Licht geben”
🤔 Wo werden sich Angela Merkel und der Klimaschutz zur Übergabe des grünen Lichtes treffen?
Beispiel 4: “händeringend”
🤔 Weiß irgendjemand, wie man überhaupt stilvoll seine Hände ringt (ist das überhaupt ein Verb?)?
Hack: Stellt euch den Satz bildhaft vor. Angela Merkel mit einem grünen Licht in der Hand. Wenn eine Formulierung sehr häufig gebraucht wird und bildhaft völlig albern aussieht: nicht verwenden.
Tipp: Folgt der Floskelwolke auf Twitter für eure tägliche Floskel-Anti-Inspiration. Die Macher erklären übrigens hier, warum die Nachrichtenformulierung “zunächst unklar” Unsinn ist.
3 Trends 2023 für die Medienbranche
Foto: Adrian Graf
Kommen wir nun vom kleinen Satz zur großen Strategie. Das Niveau dieses Newsletters ist ja sehr flexibel. Konrad Weber ist Strategieberater und Coach im Bereich der digitalen Transformation. Er berät Geschäftsleitungen bei der Entwicklung neuer Strategien und begleitet Teams und Organisationen bei tiefgreifenden Veränderungen. Vor kurzem hat er ein Buch über Trends und deren Auswirkungen auf die Medien- und Kommunikationsbranche veröffentlicht. Hier geht’s zu seinem Newsletter. In seiner aktuellen Folge beschreibt er die 8 Trends der Medienbranche 2023, die ersten 3 erscheinen hier in TextHacks:
Trend 1: Fokus – weniger ist mehr
Mit weniger mehr zu erreichen, zeichnete sich bereits als große Herausforderung in den letzten Monaten ab. Steigende Preise, höhere Kosten, Inflation. Die Erfolgsstory des laufend wachsenden Wohlstandes wird aktuell stark gebremst. Das hat zur Folge, dass wir unser Verständnis von Wohlstand radikal überdenken müssen.
Die höheren Kosten wirken sich auch direkt auf die Medienbudgets der Nutzer:innen aus. Bei den Ausgaben für Medieninhalte wird als erstes gespart. Das wiederum führt zu einer höheren Akzeptanz von werbefinanzierten Angeboten. Gleichzeitig nimmt aber auch unser Zeitbudget ab. Mehr denn je ist nun echter Service nahe an unserer Lebensrealität gefragt.
Gleich mehrere Trend-Reports kommen zum Schluss: Medienunternehmen sollten lieber weniger anbieten, dafür den Mehrwert für die Nutzer:innen noch schneller ersichtlich und im besten Fall unverzichtbar machen. Das betrifft die Kommunikations- und Werbebotschaften, das Werteversprechen, aber auch die Einfachheit der angebotenen Produkt-Features und Zahlungsmöglichkeiten.
Trend 2: Programmierte Intelligenz – künstlich erstellte Inhalte
Es war ein Augenöffner der besonderen Art, als OpenAI Ende November 2022 die neue Anwendung ChatGPT lancierte. Plötzlich schienen die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz gefühlt über Nacht allen zugänglich zu sein. Eine einfach gestellte Frage genügt, um Quantenphysik im Stil von Shakespeare erklären, unübersichtliche Datensätze auslesen oder komplexen Code entwickeln zu lassen.
Auch wenn sich das wahre Potenzial erst erahnen lässt, sehen einige Beobachter:innen darin den Anfang einer KI-Revolution. Diese werde die Wissensarbeit ähnlich disruptieren, wie im 18. Jahrhundert die mechanischen Maschinen die Fabrikarbeit grundlegend verändert haben.
Dies wird vielleicht noch nicht gleich 2023 eintreten. Wichtig zu verstehen ist aber, dass gesellschaftliche Wendepunkte nicht so sehr durch die Erfindung revolutionärer Technologien, sondern vielmehr durch deren breite Anwendung entstanden sind. Und dafür lohnt es, sich bereits jetzt über mögliche moralische Grenzen Gedanken zu machen.
Trend 3: Finden lassen – statt ewig zu suchen
Als Google im letzten Sommer eine Studie zu den Suchpräferenzen seiner Nutzer:innen präsentierte, mochten die Resultate einige überraschen. Demzufolge verwenden rund 40% der jüngeren Nutzer:innen, wenn sie einen Ort zum Essen suchen, nicht etwa Google Maps oder die Google Suche, sondern lassen sich von Inhalten auf TikTok oder Instagram inspirieren.
Social Video wird zunehmend zum Ort, an dem die Suche beginnt – oder noch extremer: Inspiration gefunden wird, obwohl man gar nicht weiss, dass man danach auf der Suche war. In diesem Zusammenhang kündigte Google an, die Suche künftig visueller und interaktiver gestalten zu wollen.
Andere Anbieter werden nachziehen, was sich wiederum auch auf die Auffindbarkeit von Medieninhalten auswirken wird. Denn im Zentrum steht unterdessen nicht mehr nur, dass die Nutzer:innen schnell ihre Antworten finden, sondern genauso oft überrascht und unverhofft erfreut werden wollen.
Vielen Dank, Konrad! Zu allen Trends findet ihr in seinem Blogpost ein großes Quellenverzeichnis, das alleine lohnt sich schon…Damit sind wir am Ende von Floskeln und Trends angekommen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, wir freuen uns, wenn Sie auch nächste Woche….Mit freundlichen Grüßen, Anne-Kathrin
PS: Es gibt nichts Schöneres als Menschen, die für deinen Newsletter freiwillig Geld bezahlen. Vielen Dank an alle, die schon dabei sind 💙
Mitte Januar folgt der offizielle Launch, Ende Januar kommt die erste Übungsfolge. Weil aber schon Fragen kamen: Wenn ihr keine Kreditkarte habt, schickt mir eine Mail, wir finden eine Lösung. Wenn ihr studiert, schickt mir eine Mail für einen Rabatt. Wenn ihr Gruppen-Abos abschließen wollt, ebenfalls.