Willkommen zu TextHacks! Ich starte eine Serie: Finde deinen Stil. Warum? 1. Um uns von ChatGPT abzuheben. Und 2. Weil ich nicht mehr hören kann, wenn jemand sagt: Ich nutze Füllwörter, weil das mein Stil ist. Füllwörter sind kein Stil. Sonst hätte ja auch sowieso und überhaupt jeder den gleichen.
Ich habe in dem schlauen Buch “On Writing Well” diesen Satz gefunden, der gut erklärt, warum wir so viel unnötiges wie Füllwörter streichen sollten:
The point is that you have to strip your writing down before you can build it back up.
Das bedeutet: Wir eleminieren alles, was unnötig ist. Bis wir einen Text haben, der effizient zum Punkt kommt. Und dann packen wir unseren eigenen Stil drauf. (Bei manchen gehören ausgewählte Füllwörter und lange Sätze dazu. Aber eben in Maßen.)
Wie finden wir unseren eigenen Stil? Das soll diese Serie in den kommenden Wochen und Monaten beantworten. Wenn ihr selber Ideen dazu habt, schreibt sie in die Kommentare oder antwortet auf diese Folge.
Im ersten Teil beantwortet Autorin Heike Faller diese Frage. Wer neu dabei ist: Heike Faller ist Henri-Nannen-Preisträgerin, arbeitet als Autorin beim Zeit Magazin und berät immer wieder Menschen, wie sie gute Texte schreiben. (Ihr könnt euch übrigens hier bei ihr melden). Ich übergebe an Heike:
Warum ist der eigene Tonfall überhaupt wichtig? Weil er Autorität signalisiert. Kennt Ihr das? Alle reden auf einem bestimmte Weise und dann tritt jemand auf und spricht plötzlich ganz anders. Er oder sie spricht nicht im Duktus seiner Branche sondern – … irgendwie mehr wie sie selbst. Menschen wollen dazugehören, deshalb kostet es erstaunlich viel Mut, nicht in den Sound of Mehrheit einzustimmen. Und andere Menschen nehmen das sofort wahr und schreiben dieser Person Mut und Autorität zu.
Wie also finde ich meinen eigenen Ton?
- Der einfachste Tipp, den ich immer wieder an Journalistenschulen lehre: Die E-Mail an einen Freund. Egal, ob du eine Reportage schreibst, einen PR-Text oder auf der Website die zahlreichen Vorzüge deines Coffeeshops erklären willst: Wenn du an einen Freund, eine Freundin schreibst, bist du in deiner natürlichen Sprache. Ich habe übrigens festgestellt, dass man sich mit diesem Trick so richtig gut nur austricksen kann, wenn man die Mail tatsächlich abschickt. So tun als ob, funktioniert oft nicht richtig.
- Den eigenen Ton zu finden, das ist für viele auch deshalb schwierig, weil sie gar nicht glauben, dass der eigene Ton etwas Besonderes ist. Mir hilft es bei manchen Themen – zum Beispiel dieser Kolumne – etwas schnell und ungefiltert hinzuschreiben, ohne zu überlegen, ob es nun besonders gut oder clever ist. Wenn ich es am nächsten Tag lese, erkenne ich mit etwas Distanz, dass sich ein eigener Ton oder eine eigene Art, auf die Welt zu schauen, darin zeigt. Und in dem Stil mache ich dann mit neuem Schwung weiter.
- Manche Autoren habe nicht nur einen eigenen Ton, sondern zusätzlich noch einen ganz besonderen Ton. Dass ein Text von Thomas Bernhard stammt, hört man sofort, wenn man dessen Texte kennt, ebenso das leicht ADHS-hafte Synapsengewitter meines Kollegen Moritz von Uslar. Als Anfängerin habe ich manchmal versucht, eigenwilliger zu klingen, als ich es in Wahrheit bin, indem ich Autoren mit einem starken eigenen Sound nachgemacht habe. Ich finde dieses Imitieren total erlaubt: Es hilft dir, besser zu schreiben und vor allem Tonfälle auszuprobieren, ehe du deinen eigenen findest.
- Wenn du versuchst, aus verklausiertem Behörden- oder Wissenschafts-Sprech herauszukommen, hilft der „Erkläre-es-einem-Kind-Trick“, den Ihr schon von AKG kennt. Viele Menschen flüchten sich bei komplizierten Zusammenhängen in einen Nominalstil. Das Problem: Man versteht es nicht. Häufig liegt das daran, dass auch die Autorin es nicht vollumfänglich versteht und deshalb im eckigen Expertentonfall bleibt. Wenn du dich selbst dabei ertappst in diesem Ton zu schreiben, lohnt sich der Versuch, das Thema einem Fünfjährigen zu erklären. Denn erst wenn du es selbst verstanden hast, kannst du in einem Ton schrieben, der dein eigner ist. (Übrigens ist genau darin ChatGPT ziemlich gut: Dinge so zu erklären, dass man sie versteht. „Erkläre die Relativitätstheorie einem fünfjährigen Kind“, ist ein ziemlich guter Prompt.)
Übrigens: Wenn ihr nicht nur euren Ton finden wollt, sondern ein ganzes Sachbuch schreiben, kommt doch zu dem Wochenend-Seminar, welches ich vom 15. Bis 17. November mit den Schreibkomplizen in Berlin gebe:
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am Donnerstag, 14. November 2024
von 9 bis 16 Uhr
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Das war’s für heute. Ich wünsche euch eine schöne Woche, liebe Grüße, Anne-Kathrin
Um meinen eigenen Stil zu finden, versuche ich, gerade NICHT angestrengt einen eigenen Stil zu finden. Meine Versuche endeten darin, das sich alles etwas künstlich las. Stattdessen denke ich an die Leser*innen. Was ist für sie ansprechend? Das verändert meinen Stil auch, und bisher bin ich zufrieden mit dem Ergebnis. Was auch hilft: Als Schweizer verwende ich die deutsche Sprache ein bisschen anders als die Deutschen...
Ein super Thema - bei all der inflationären Texterstellung wichtiger denn je! Ich bin auch bei Heike Faller: Lesen - und auch Abgucken - von guten Texten ist unbedingt erlaubt. Mindestens um sich selbst auszuprobieren und weiterzuentwickeln.