Wirke ich schlauer, wenn ich kompliziert schreibe?
Plus: neue Workshop-Termine. Und Hacks, wie du WIRKLICH schlau wirkst.
Hi und herzlich willkommen zu TextHacks! Ich bin zurück aus dem Urlaub und diese Folge geht an alle, die Kolleg*innen haben, die gerne intellektuell wirken. Und deshalb Fachterminologie in der Ausarbeitung ihrer schriftlichen Ausarbeitungen verwenden. Damit andere sie schlau finden. Spoiler: Das funktioniert nicht unbedingt.
Bevor ich das mithilfe von Studien erkläre, zwei Ankündigungen:
Es gibt neue Workshop-Termine zu Überschriften und Teasern. Eine Masterclass-Überschriften, 90 Minuten, eher Theorie. Plus ein Intensivworkshop Überschriften, drei Stunden, wir üben an euren Texten (schreibt mir für Gruppen-Rabatt). Ich empfehle die Kombi aus beiden Workshops, sie funktionieren auch alleinstehend.
Wenn ihr Paid Subscriber seid: Offenbar funktioniert das Antworten auf diesen Newsletter nicht immer. Wenn ihr mir einen Text für Sprach-Memo-Feedback geschickt habt oder noch schicken wollt: gerne an mail@akgerstlauer.de.
Und jetzt geht’s los mit meinem Lieblings-Thema: Warum wir einfacher schreiben sollten.
“Wenn ich viele Fachbegriffe verwende, halten mich Leute für schlauer.”
Eine Studie mit dem Titel “Consequences of erudite vernacular utilized irrespective of necessity: problems with using long words needlessly” von der Princeton University zeigt: Das stimmt nicht unbedingt. In einem Experiment manipulierten die Forscher einen Text und machten ihn extra-kompliziert. Das Ergebnis: Die Leser*innen fanden den Essay eher weniger schlau.
Was könnten die Gründe sein? Ich glaube, wer sich umständlich ausdrückt, strahlt Unsicherheit aus. Und wer nicht zum Punkt kommt, langweilt die Menschen.
Am Ende gilt ja: Wenn der Inhalt schlau ist, muss ich ihn nicht hinter langen Wörtern verstecken. Und andersrum.
Natürlich wird es immer Professoren geben, die Fachbegriffe fordern und andere Professoren schlau finden, die diese verwenden.
Aber: Die Arbeitswelt verändert sich. Hierarchien werden flacher, das Du ersetzt das Sie, bis hin zum CEO. Als Nächstes fällt hoffentlich das Statussymbol komplizierte Sprache.
Was kann ich machen, wenn ich schlau wirken möchte?
Das sind die Alternativen:
zitiere Studien
erkläre deine Arbeit oder deine Methode
Dieses Vorgehen hat den gleichen erwünschten Effekt: Ein Text wirkt wissenschaftlich. Trotzdem kann ihn jeder lesen und verstehen. Und zwar besonders schnell: Selbst wenn Menschen komplizierte Texte verstehen und schlau finden, so brauchen sie länger dafür.
Also: Wer einfach schreibt, kann in kurzer Zeit viel mehr Informationen vermitteln.
Das kann übrigens Leben retten.
Eine Studie in Kliniken untersuchte: Was passiert, wenn wir die Empfehlungen für Patient*innen mit psychischen Erkrankungen in einfacher Sprache schreiben? Das Ergebnis: Die Menschen fanden die Broschüre nicht unbedingt gelungener, aber: Die Motivation, den Anweisungen zu folgen, war höher.
So, das war’s für heute. Nach eurem Feedback zur letzten Folge mit Studienergebenissen habe ich mir vorgenommen, tiefer in das Thema einzusteigen. Zu welchem Bereich wünscht ihr euch wissenschaftliche Erkenntnisse?
Ansonsten wünsche ich euch eine erfolgreiche Woche der Weglassung des Nominalstils. Und danke an Sören für dieses Beispiel, wie wir es nicht machen sollten:
Vorschlag: Cannabis-Legalisierung: CDU-Chef Merz will Gesetz rückgängig machen, wenn er Wahl 2025 gewinnt.
Liebe Grüße, Anne-Kathrin
Danke Anne-Kathrin für den Reminder, ich höre die Frage noch immer regelmässig. Spannend finde ich auch eine andere Studie, welche eine Doktorarbeit einfacher formuliert hat, was dazu führte, dass sie als intelligenter wahrgenommen wurde: https://www.psychologie.uzh.ch/de/bereiche/dev/lifespan/erleben/berichte/einfachheit.html
Sehr gut ist, dass die Autor*innen den Titel der Studie so umständlich und fremdwortlastig wie nur möglich formuliert haben. Die haben Humor.