4 Hacks für inklusive Postings
Mareice Kaiser erklärt, wie ihr auf Social Media barrierefrei textet
Hi und willkommen zu Texthacks! Diese Woche mit einem Thema, das sich eine Subscriberin explizit gewünscht hatte: Wie formuliere ich barrierefrei auf Social Media? Falls ihr ebenfalls Vorschläge für diesen Newsletter habt, antwortet einfach auf diese Mail.
Die Expertinnentipps zu inklusiven Postings kommen von Mareice Kaiser. Sie schreibt Essays, Bücher und Tweets zu Inklusion, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik und Bildungsgerechtigkeit. Von Anfang 2020 bis Anfang 2022 arbeitete sie als Chefredakteurin des Onlinemagazins Edition F – im Juni wird sie die Digitalchefin der Schweizer annabelle. Aktuell schreibt sie ihr drittes Sachbuch und den Newsletter FAST SOMMER.
Fotocredit: Livia Kappler
Schreibe Untertitel
📺 Untertitele deine Videos. Du hilfst damit Menschen, dich zu verstehen. Nicht nur gehörlosen Menschen, sondern auch allen anderen, die sich deine Videos anschauen. Mütter, die gerade stillen; Menschen, die nebenbei Musik hören; Menschen, die gerade im Bus sitzen und keine Kopfhörer dabei haben; Menschen, die Inhalte besser verstehen, wenn sie sie nicht nur hören, sondern auch lesen können. Untertitel zu erstellen ist easy, geht fast automatisch, viele (kostenlose) Apps helfen dir dabei. Es gibt 2022 keine Ausrede mehr, deine Videos nicht zu untertiteln.
Texte Bildbeschreibungen
📸 Gib deinen Bildern Bildbeschreibungen. Erkläre, was auf deinen Bildern zu sehen. Das ist gut für Menschen, die deine Bilder nicht sehen können (aber sich sehr wohl die Bildbeschreibungen mittels Sprachsoftware vorlesen lassen können). Bei Twitter gibt es die Funktion direkt im Tweet ("alt"), bei Instagram gibst du die Bildbeschreibung als Alternativtext ein. Du kannst Bildbeschreibungen auch in die Instagram-Caption schreiben. Geheimtipp für Twitter: Du folgst @CaptionClerk und wirst informiert, wenn du doch mal eine Bildbeschreibung vergessen hast.
Formuliere geschlechtergerecht
💡 Nein, alle Geschlechter nennen, macht Texte nicht komplexer. Im Gegenteil, es macht sie präziser und du kannst besser erklären, wen du meinst. Menschen mit Sehbehinderung empfehlen den Genderstern, deshalb nutze ich ihn. Allerdings gar nicht so häufig, wie du vielleicht denkst. Es gibt viele gute Möglichkeiten, ohne Sonderzeichen die Geschlechter zu nennen, die du meinst. Beispiele: medizinisches Personal, Mitarbeitende, Lehrende, Pflegende, Putzkräfte. Dir fallen bestimmt noch mehr ein.
Sag’s einfach
🙏 Viel zu häufig werden Texte so intellektuell wie möglich geschrieben – ich steige dann oft aus. Der Job von Medienschaffenden sollte doch sein, komplexe Themen verständlich zu erklären. Es muss nicht gleich Leichte Sprache sein (auch wenn die sehr nützlich ist, wenn man selbst mal schnell etwas recherchieren muss, aber nicht so viel Zeit hat für Endlostexte). Erste Hilfe gegen Intellektualisierung: Fremdwörter vermeiden (oder wenigstens erklären), kurze Sätze, Schachtelsätze vermeiden. Mein Tipp: Sprich den Text laut, den du geschrieben hast. Wenn dir die Puste ausgeht, ist der Satz zu komplex.
Vielen Dank, liebe Mareice! Ich gelobe, ab jetzt an jede Bildbeschreibung zu denken. Wir sehen uns nächste Woche oder im Postfach mit euren Themenvorschlägen. Sonnige Grüße, Anne-Kathrin
> Menschen mit Sehbehinderung empfehlen den Genderstern, deshalb nutze ich ihn.
Ach, das ist mir neu! Ich dachte der Doppelpunkt funktioniert besser? Einfach weil wie sonst auch der Doppelpunkt den Screenreader beim Vorlesen dazu bringt eine kleine Pause zu lassen (Glottisschlag).
Hier hat jemand eine ziemlich fundierte Zusammenfassung zum Ausspracheverhalten unterschiedlichster Screenreader zusammengetragen: https://a11yup.com/articles/genderinklusive-sprache-und-barrierefreiheit/
(wie dort selbst steht: es geht nicht um Handlungsempfehlungen, sondern Beobachtung und dass die Software teilweise seitdem schon angepasst wurde, siehe Apple, die sich für den Doppelpunkt entschieden haben)