Soll ich ein 1.000-Hacks-Buch schreiben?
Plus: Der Kündigungs-Skandal bei der Frankfurter Rundschau // wer hat Aufträge für diesen jungen Journalisten?
Hi und willkommen zu TextHacks! Vor meinem Urlaub (Grüße aus Mallorca) habe ich angefangen, darüber nachzudenken, ob ich aus diesem Newsletter ein Buch machen soll. Tendiere dazu, es selber zu publishen, weil ich kein klassisches Buch schreiben will und die Kontrolle behalten will. Ideen? Thoughts? Wie findet ihr's?
Außerdem möchte ich meine kleine Urlaubs-Pause nutzen, um jemandem eine Plattform zu geben, der unter sehr fragwürdigen Gründen gekündigt wurde. Maxi Arnhold ist Klimajournalist und Podcaster und sucht neue Aufträge. Denn er hat seinen Job bei der Frankfurter Rundschau verloren, nachdem dort (nicht von ihm) gestreikt wurde. Der Reihe nach:
Es ist mitten in der Vorweihnachtszeit, als die Belegschaft des linksliberalen Blattes ihre Arbeit niederlegt. Sie streikt für eine Bezahlung nach Tarifvertrag. Die drei jungen Kolleg:innen Jana Ballweber, Yağmur Ekim Çay und Maximilian Arnhold sind nicht darunter, sie sind in der Probezeit. Sechs Tage nach dem Warnstreik erhalten sie plötzlich vom Geschäftsführer der FR ihre Kündigung. Es folgt ein Aufschrei, wie ihn die Medienrepublik lange nicht gesehen hat. Warum?
Maxi schreibt hier darüber, was die Medienbranche aus diesem Fall lernen kann:
Ich bin erst im Sommer extra nach Frankfurt gezogen, um meine neue Stelle als Politikredakteur anzutreten – und auf Wunsch der Chefredaktion einen neuen Podcast aufzubauen. Jana und Yağmur wurden sogar im Hause der FR ausgebildet, ihr Volo wegen besonderer Befähigung verkürzt. Es ging also nie um uns.
Die Causa FR steht sinnbildlich für so vieles, was im deutschen (Zeitungs-)Journalismus schiefläuft: die Ungerechtigkeit im Gehalt, weil seit Jahren Tarifverträge abgebaut und Honorare für Freiberufler zusammengestrichen werden. Für die Unsicherheit insbesondere junger Menschen, was ihre Zukunft angeht. Für die voranschreitende Pressekonzentration, die noch mehr Jobs gefährdet. Verleger Dirk Ippen ist Multimillionär, könnte sich die gerechte Bezahlung seiner Angestellten also durchaus leisten. Will er aber nicht. Stattdessen landen wir vor der Tür.
Wenn wir es mal positiv wenden wollen, gibt es eine ganze Menge Dinge, die wir als Medienschaffende daraus lernen können:
Arbeitskampf lohnt sich! Denn ohne uns geht nichts. Auch wenn es auf den ersten Blick nach einer Kündigung nicht so wirken mag: Für die Medienhäuser und Verlage sind wir Journalist:innen immer noch unverzichtbar, gerade in diesen Zeiten. Die Correctiv-Recherche hat Hunderttausende Menschen gegen rechts auf die Straße gebracht. Das zeigt: Wir brauchen unabhängige, solide finanzierte Medien als Hüterin der Demokratie. Also müssen wir auch für unsere Anerkennung und gerechte Bezahlung kämpfen. Wer, wenn nicht wir selbst?!
Gewerkschaften helfen, unseren Grundrechten Gehör zu verschaffen. Sie bieten Rechtsschutz, unterstützen bei Kündigungsfällen und besorgen schnell und unkompliziert einen Presseausweis. Eine Mitgliedschaft ist ab 10 Euro im Monat zu haben. Zum Beispiel im djv, bei verdi oder den Freischreibern.
Setzt auf Zukunftsthemen. Wenn die Dinge im Wandel sind, kann man auch mal etwas ausprobieren – und Schwerpunkte setzen. Jana ist Expertin für Digitales, Yağmur für Antirassismus, ich mache Klima- und Umweltthemen, vorwiegend via Podcast und Social Media. Zukunftsfelder, die uns freilich nicht vor der Kündigung geschützt haben. Aber wir wissen, dass diese Themen gebraucht werden.
Nehmt Hilfe an. Die Unsicherheit kickt: Wer kann sich im Journalismus schon noch seines Arbeitsplatzes sicher sein? In unserem Fall traf es drei Menschen mit verschiedenen Hintergründen: Nicht-Akademikerfamilie, zwei von ihnen Frauen, eine aus der Türkei. Wir würden uns mehr Stipendien für Praktika und Volos, Übernahmegarantien, Unterstützungsangebote wünschen. Die gute Nachricht lautet: Einige gibt es auch schon. Netzwerk Recherche hat zum Beispiel eine tolle Helpline, wenn es mal brennt. Nutzt sie.
Haltet zusammen! Unser „Glück“ war, dass wir den Rauswurf als Trio erlebt haben. Allein sind die Anforderungen im Journalismus auch gar nicht mehr machbar. Also: Bildet Banden, schließt Netzwerke, gebt euch selbst eine Stimme. Ich kann euch heute sagen: Jana, Yağmur und ich werden auch in Zukunft im Journalismus hörbar sein.
Ich wage nach dieser Erfahrung den Weg in die Freiberuflichkeit, bin jederzeit offen für Projekte und Ideen. Oder auch für neue Stellen. Wer mag, schaut gerne mal auf meiner neuen Webseite vorbei und schickt mir eine Nachricht.
Über den Fall habe ich auf meinem Insta-Kanal @maxi_arnhold auch ein Video gedreht.
Ganz grundsätzlich hoffe ich darauf, bald wieder mit Themen für Schlagzeilen zu sorgen, als mit meiner Kündigung.
Danke dir von Herzen, liebe Anne-Kathrin, dass ich hier schreiben darf!! <3 Maxi
So, ich klappe den Laptop schnell wieder zu. Nächste Woche erkläre ich euch anhand von Studien, ob ihr schlauer wirkt, wenn ihr kompliziert schreibt (Spoiler: Nein). Liebe Grüße, Anne-Kathrin
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Ich bin da etwas skeptisch, aber es kommt auf den Zuschnitt an. Das Schöne an deinem Newsletter ist auch sein sehr knappes Format und dass es in jeder Ausgabe ein Thema gibt. Ein Buch könnte (mich) an der Stelle eventuell überfrachten. Wenn es gelingt, eine Ergänzung oder gute Zusammenfassung zu geben, die sehr konkrete aber auch zeitlose Inhalte vermittelt, dann kann ich mir das gut vorstellen.
Ich schätze deine Arbeit sehr und freue mich auf ein knackiges Workbook.